Möve

Eine Sturmmöwe
hoch oben über uns,
Rabe des Meeres,
Pirat der Lüfte

Wagt sie die große Reise
über sturmgepeitschte See
nach Sansibar, Kap Hoorn,
Tahiti, Haifa, Finkenwerder Kutterhafen

Gelingt`s ihr loszulassen, der Sprung
ins kühne Abenteuer, Sieg über
Zweifel, Ängste, Widerstände,
und sei es ein einziges, einzigartiges Mal

Oder wählt sie das Los des Kulturfolgers,
die Brosamen zivilisierter Bequemlichkeit,
des hadernden, melancholischen Träumers –
wie bekannt einem dies doch ist

oder nicht?

Blocked

Gitterstäbe unzählige
auf der Erde
sperren aus, sperren ein

eintönig zumeist, manchmal
unsichtbar, lieblos immer gebieten
blocken sie ab, kalt und eisern

das Vordringen zum geöffneten
Waggon, in die Welt der Ungefangenen,
Glück und Freiheit

verzweifelt, ins rettende Land

hinter dem Zaun

wo
stehst du,
diesseits oder drüben

Ronnie, das Karussellpferd

Na Ron,
ich seh’s in deinen Augen,
wie wär’s
mit einem kleinen Ausritt

Ansatzlos gestreckter Galopp furios,
entfesselt
fort, nur fort, weit
weit fort

Kein Blick zurück
auf die ringelstechende Haftanstalt,
Drehort grell maskierter Pein,
immerwährend kreiselnder Fron

Lauf. Lauf um dein Leben.
Stürme die Freiheit

Sally Joy, das Fischerboot

Fassade, Anstrich verblasst,
Schürfstellen, Schrunden, wohin man schaut,
Würdemale arbeitsreicher Vergangenheit.
Aus und vorbei, so könnt es scheinen

Sally Joy, altes Mädchen,
wenn nur dein Name nicht wär,
Sally, Aufbruch, Joy, die Freude, Lust
am Stechen in See.
Bug in die Gischt, flatternde Wimpel voraus

Heut noch aufgebockt, vertäut,
doch für den Hafen nicht gemacht,
morgen wieder im geliebten Element.
Tage, Nächte im Auf und Ab,
Hin und Her von Wogen, Böen, Fangnetzgestrüpp

Ewig könnt’s so weitergehen,
solang die Erde sich dreht

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Die Neuen Anderen
Nim.mer.mü.de Hu.ma.no.i.de
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Per.fek.te Ap.pa.ra.tu.ren
Vom Menschen gemacht

No.ch

eilfertig, beflissen, apart
in care production support
service governance and art

Sind sie das –
wann schlägt es um
in Grauen,
wann haben wir sie,
w.ir eu.ch satt?

We.r  we.i.ß.

Way out

Ein Schild, handgefertigt,
unmissverständlich weist es den Weg,
zum Ausgang dort entlang

Wenn das sonst auch so einfach wär,
bei Unsicherheit, Bedrängnis und Not
Weg-Weisung, eindeutig und klar,
Ängste, Sorgen, Gefahren
für immer gebannt

Wäre es den Preis wert –
geborgen im Netz der Unfreiheit

Kein Way out,
den gäbe es nicht

Das Faultier

Da häng ich
geruhsam an Lianen und an Zweigen.
Schau
dem Fortschritt des Mooswuchses zu

Niemals, wirklich niemals
würde ich den Schnecken unter mir
nacheifern,
die gelegentlich vorbeieilen, ja hetzen

Wo wollen sie nur hin ohne Rast und Ruh?

Haben sie noch nie von der Endlosigkeit
des Augenblicks gehört –

von der kontemplativen Frucht
der Langsamkeit

Ach, sei’s genug

Wahrlich,
hab viel gedacht, gar nachgedacht

Adieu –

mein Blick verträumt, schläft ein
im grünen Schleier des Geästs

Gute Nacht!

(Foto: Detlev Hoffmann)