Alter Ego, Zwiegespräch

Im Zwiegespräch
die beiden,
eingetaucht in flämmendes
Flackern

Den eignen Schatten
als Alter Ego nehmen,
als Dunkles seiner selbst,
der zuhört und uns zuspricht

Nicht irriges Trugbild,
sondern Teil wahren Scheins,
Bote des Hintergründigen
in dir, in mir

Sprecher: Götz van Ooyen

Sommer

Wie die Katze auf dem Dach,
so lieg ich da,
die warmen Ziegel mein Halt

Träum von der Ägäis und
ihren Farben,
von Bullerby und Saltkråkan,
Sommerfrische auf dem Land

Der Abstieg wird verweigert,
noch nicht, nicht jetzt,
nimmermehr

Sprecher: Götz van Ooyen

Sally Joy, das Fischerboot

Fassade, Anstrich verblasst,
Schürfstellen, Schrunden, wohin man schaut,
Würdemale arbeitsreicher Vergangenheit.
Aus und vorbei, so könnt es scheinen

Sally Joy, altes Mädchen,
wenn nur dein Name nicht wär,
Sally, Aufbruch, Joy, die Freude, Lust
am Stechen in See.
Bug in die Gischt, flatternde Wimpel voraus

Heut noch aufgebockt, vertäut,
doch für den Hafen nicht gemacht,
morgen wieder im geliebten Element.
Tage, Nächte im Auf und Ab,
Hin und Her von Wogen, Böen, Fangnetzgestrüpp

Ewig könnt’s so weitergehen,
solang die Erde sich dreht

Sprecher: Götz van Ooyen

Im Teich

Blätter im Teich.
Seerosen im Kreis.
Ein Bild der Harmonie,
mit Frosch,
getarnt, ungeküsst

Das will er bleiben,
wer weiß, wie es sich
als Prinz so lebt,
in erlauchten Zirkeln

Ach so fremd, so anders,
diese Ansprüche, denen
man genügen muss

Frosch im Teich,
darauf wird er lautstark beharren

mit den Rosen im Chor

Sprecher: Götz van Ooyen

Jugendfoto

Wie unschuldig er ist
und jung,
langes Haar, offener Blick

Fünfzig Jahre genau
liegen zwischen ihm und mir
und mehr als tausend Kilometer

Es ist das, was einst ein Leben gewesen,
wodurch er sich mir nähert
und ich mich ihm

Das war – ich – bin’s
nicht mehr

Halt das Bild in meiner Hand
traurig, kann mich nicht lösen

Was er wohl von mir hielte –
wenn ich sein Großvater wär‘

Ich hoff‘ so sehr, er tät mich mögen

Sprecher: Götz van Ooyen

Pfostensteiger

Leitungen über Land,
oben am Mast,
im Winkel verspannt

Kindheitserlebnisse
blitzen auf –
Männer mit Steigeisen und Gurt,
an hohen Pfosten
klettern sie empor,
als wenn das gar nichts wär,
arbeiten, an Fuß
und Hüfte fixiert,
frei Hand
in luftiger Höh,
wettergegerbte Gesichter,
gebleichtes Haar

Vom Kinde, und
nicht nur diesem,
grenzenlos bewundert,
umgibt
sie eine Aura
von Kühnheit, Wildheit,
Abenteuer.
Sieh zu ihnen auf,
und die Gedanken sprühen,
Wunschbilder gaukeln,
färben den Tag,
den Abend ein

Für Wochen spielen, sind,
alle Kinder Pfostensteiger,
furchtlose, wilde Gesellen,
auf sich gestellt, im
Lande unterwegs.
Der elterliche Abendruf,
ungern vernommen,
verschafft Atempausen,
Nahrung, unruhigen Schlaf.
Morgen schon sind sie wieder da,
Kinder gibt es nicht, nur Vagabunden,
Kämpfer für die Sache

Wie gern wär
ich noch einmal
dabei

Sprecher: Götz van Ooyen