Das Faultier

Da häng ich geruhsam an Lianen und Zweigen,
schau dem Fortschritt des Mooswuchses zu.
Niemals, wirklich niemals
würde ich den Schnecken unter mir nacheifern,
die gelegentlich vorbeieilen, ja hetzen.
Wo wollen sie nur hin ohne Rast und Ruh?
Haben sie noch nie von der Endlosigkeit des Augenblicks gehört,
von der kontemplativen Frucht der Langsamkeit.
Ach, nun reicht es auch hin.
Hab wahrlich genug gedacht, gar nachgedacht.
Adieu – mein Blick versinkt im grünen Schleier des Geästs.
Gute Nacht.

(Foto: Detlev Hoffmann)



Siesta noruega

Nur mal sitzen,
sitzen und rein gar nichts tun.
Die Obhut, das Haus, die Mauer, blumengespickt,
im Rücken

Vor unseren Augen
die Landstraße, die für Abwechslung sorgt –
langweilig soll es ja nicht sein, nein nein:
jede Stunde etwa zieht jemand vorüber, 
zu Fuß – das gibt’s, mit dem Rad, auf dem Pferd,
auf einem Drachen, einer Maus, einem flatternden Papagei

Nun ist es aber gut; man wird ja noch ganz trollig

(Foto: Detlev Hoffmann)

Die Klause I

Am Abend der Gang zur Klause,
Gewohnheit, unentbehrlich

Die weiß gekalkte Wand, beschützend als Eck gesetzt,
darin das Fenster, Rundbogen, neunfach geteilt
Blattwerk, im Luftzug leise raschelnd

Mitten die Bank
verwittert verblichen
Du setzt dich nieder
im Flug der Zeit

Die Klause II

Gedanken flirren,
ordnen sich, klaren auf
Sorge, Leid drängen,
geben nach, treten zurück

Der Ausblick zum Himmel hin
stellt Weite her

Die Klause, der Seelenort
sichert dich in der
Tiefe des Moments

Die Klause III

Ruhe breitet sich aus
in der aufsteigenden Dämmerung

wenn der Zeitenfluss
zum Halten kommt
zeigen sich Wege und Sinn

was – weshalb
wohin